Am 30. Januar 2024 präsentiert das Einstein Center Digital Future (ECDF) gemeinsam mit dem Interdisciplinary Centre for Computer Music Research (ICCMR) der Universität Plymouth und in Zusammenarbeit mit der Wearable Computing Group der Universität der Künste Berlin eine einzigartige Aufführung von Musik, die mit Quantencomputern erzeugt wurde. Die Veranstaltung ist leider bereits ausgebucht, eine Anmeldung ist nicht mehr möglich.
Pogramm:
17:00 - Vorträge und Demo
Im Rahmen der Pre-Concert Talks wird Eduardo Reck Miranda (ICCMR, Universität Plymouth) in das Gebiet des (gate-basierten) Quantencomputers einführen und erläutern, wie Musiker*innen damit Musik machen; ECDF-Professorin Berit Greinke (Universität der Künste) wird ihre Forschung zu textilen Wearables und Musikperformance vorstellen und ECDF-Professor Janik Wolters wird über die Wechselwirkung von Quantenlicht und Quantenmusik sprechen. Während der Vorträge werden die Wissenschaftler*innen auch eine Demonstration eines Gehirn-Computer-Schnittstellensystems durchführen.
18:00 - Konzert mit anschließender Fragerunde und Empfang
Zeno 2.0 - für Altflöte, Bassklarinette und Elektronik
Von Eduardo Reck Miranda
Interpreten:
Carla Rees, Altflöte
Fie Schouten, Bassklarinette
Eduardo Reck Miranda, Elektronik
Paulo Itaborai, Elektronik
Wirbelnde Qubits - für Q1Synth und Gestensteuerungen
Von Eduardo Reck Miranda
Interpreten:
Federico Visi, Q1Synth Gestensteuerungen
Maria Aguado, Q1Synth Software
Vorträge und Vorführungen vor dem Konzert:
Die Entwicklung neuartiger Computer für die Musik und neuartiger Schnittstellen zu deren Steuerung gehen Hand in Hand. In ihren Vorträgen stellen die Wissenschaftler*innen ihre Forschung zur Nutzung von Quantencomputern für das Musizieren bzw. die Entwicklung neuer Schnittstellen für die musikalische Interaktion vor. Nach einer kurzen Einführung in das Quantencomputing und das Wearable Computing werden die Autor*innen Beispiele und Live-Demonstrationen laufender Projekte zur Kopplung des menschlichen Gehirns mit Quantencomputern und zur Entwicklung intelligenter Kleidungsstücke zur Steuerung von Musik mit Gesten zeigen. Während des Vortrags wird der Künstler und Entwickler Colin Harrington Quanten-Sound-Synthesizer mit einer maßgeschneiderten Gehirn-Computer-Musik-Schnittstelle zu steuern. Zum Abschluss wird es eine Fragerunde zu den Auswirkungen von Quantencomputern und tragbaren Computertechnologien auf die Musik geben.
Die Kompositionen
Zeno 2.0 - für Altflöte, Bassklarinette und Elektronik, live und eingespielt
Von Eduardo Reck Miranda
Dauer: ca. 15 Minuten
Interpreten:
Carla Rees, Altflöte
Fie Schouten, Bassklarinette
Eduardo Reck Miranda, Elektronik
Paulo Itaborai, Elektronik
Zeno 2.0 wurde mit generativen KI-Algorithmen auf Quantencomputern komponiert. Seine Aufführung beinhaltet eine Live-Interaktion über das Internet mit einem IQM-Quantencomputer in Finnland.
Ein Quantencomputer arbeitet mit Informationen, die in Form von Quantenbits - oder Qubits - kodiert sind. Sie unterliegen den Gesetzen der Quantenmechanik. Der Komponist nutzte quantenmechanische Phänomene wie Überlagerung, Verschränkung und Interferenz, um musikalisches Material für Zeno 2.0 auf eine Weise zu erzeugen, die mit einem normalen Digitalcomputer nicht möglich wäre.
Das Programm QuPoly, das zusammen mit einem Team des Interdisziplinären Zentrums für Computermusikforschung (ICCMR) der Universität Plymouth entwickelt wurde, hört der Flöte und der Klarinette zu und nutzt die Quantenmechanik, um während der Aufführung musikalische Reaktionen zu erzeugen. Das Stück ist eine Hommage an Zenon von Elea, einen vorsokratischen griechischen Philosophen und Mathematiker, der als Erfinder der Dialektik gilt.
Wirbelnde Qubits - für Q1Synth und Gestensteuerungen
Von Eduardo Reck Miranda
Dauer: ca. 12 Min.
Interpreten:
Federico Visi, Q1Synth Gestensteuerungen
Maria Aguado, Q1Synth Software
Der Q1Synth ist ein noch nie dagewesenes Musikinstrument, das Klänge aus Quantenzuständen wiedergibt. Es wird gespielt, indem die Darstellung eines Qubits auf dem Bildschirm verwirbelt und die jeweiligen Quantenzustände gemessen werden. In Swirling Qubits verwendet der Künstler Gestensteuerungen, um mit vier verbundenen Q1Synths Quantenzustände zu erzeugen. Die Musik wird erzeugt, indem die Qubits in Überlagerung und Verschränkung gebracht werden. Das Instrument ist über das Internet mit einem IQM-Quantencomputer verbunden, um die jeweiligen Quantenzustände zu berechnen.
Das Instrument Q1Synth wurde von dem Komponisten und seinem Team am ICCMR entwickelt. Berit Greinke und Federico Visi entwickelten den Gesten-Controller an der Universität der Künste Berlin und dem Einstein Center Digital Future.
Über Quantum Tunes: Mind and Miggle
Im 20. Jahrhundert veränderten die Komponist*innen der Avantgarde das Gesicht der Musik durch elektronische Technologien und Experimente mit regelbasierten Modellen und offenen Formen. Bereits in den 1930er Jahren variierte Edgar Varèse die Geschwindigkeit von Plattenspielern, um Verzerrungen und Collage-Effekte zu erzeugen. Doch erst in den 1950er Jahren entstanden bedeutende neue Ansätze für die musikalische Komposition. John Cage nutzte 1951 ein orientalisches Orakel, um Music of Changes für Klavier zu komponieren: Er konsultierte das I Ging, um kompositorische Entscheidungen zu treffen. Etwa zur gleichen Zeit komponierte Pierre Boulez Structures für zwei Klaviere. Jeder Aspekt dieses Stücks wurde von vorher festgelegten Regeln bestimmt, die Boulez strikt befolgte. Bald darauf schuf Karlheinz Stockhausen das Klavierstück XI, ebenfalls für Klavier. Es bestand aus Fragmenten, die der Pianist in beliebiger Reihenfolge spielen konnte.
Mit dem Aufkommen der Digitalcomputer wurde das Komponieren wie bei Varèse, Cage, Boulez oder Stockhausen zum Mainstream. Heutzutage sind Komponist*innen versiert im Umgang mit dem Computer, um Aufnahmen zu manipulieren, Regeln zu befolgen und zu improvisieren. Aber die Computertechnologie entwickelt sich ständig weiter. Und so auch die Musik. Die Musik des 21. Jahrhunderts verändert sich durch künstliche Intelligenz, neue Arten von Computern und neue Arten von Schnittstellen. Dazu gehören vor allem Quantencomputer, Gehirn-Computer-Schnittstellen und intelligente Gewebe.
Ein Quantencomputer arbeitet mit Informationen, die in Form von Quantenbits - oder Qubits - kodiert sind. Das Qubit ist für einen Quantencomputer das, was ein Bit für einen Digitalcomputer ist: es ist eine grundlegende Informationseinheit. In der Hardware leben Qubits in der subatomaren Welt. Sie sind den Gesetzen der Quantenmechanik unterworfen. Daher verarbeiten Qubits Informationen auf grundlegend andere und potenziell leistungsfähigere Weise als digitale Bits. Die Quanteninformatik wird mit Sicherheit neue und aufregende Möglichkeiten für kreative Praktiken eröffnen.