Seit der Industriellen Revolution arbeitet und lernt das Individuum in arbeitsteiligen Hierarchien. Und dies, obwohl schon Adam Smith bemerkte, dass in dieser Organisationsform das Individuum so „stumpfsinnig und einfältig wird, wie ein menschliches Wesen nur eben werden kann“. Gegenbewegungen, wie etwa in den 1960ern, konnten an diesen Strukturen prinzipiell wenig ändern. Individuelle Handlungsfreiheiten waren so selbst in der freien Marktwirtschaft „wohl illusorisch“ bemerkte Kenneth Arrow in seinem Standardwerk über Organisationen. Zuletzt machte aber Anfang des Jahrtausends die Digitalisierung Hoffnung auf neue Organisationsformen, welche die Individualität nicht unterdrücken, sondern im Interesse der Einzelnen und der Institution besser einsetzen würden. Könnte nicht sogar die politische Sphäre radikal demokratisiert und Habermas' Konzept der Deliberation endlich realisiert werden?
Wenige Jahre später zeigte sich, dass diese Öffnung traditioneller Institutionen eine recht kurzlebige war. Die Finanzkrise 2008 inspirierte den Kapitalismus und die auf Effizienz getrimmte Hierarchie, innovative Ideen, Ressourcen und Konzepte von außerhalb der Unternehmensgrenzen selektiv zu integrieren und zu kooptieren. Die Konsequenzen dieser Reparaturstrategie für die freien Organisationsformen im Web waren jedoch dramatisch: Der Peer der Open-Source-Bewegung wurde zum Crowdworker, die Sharing Economy zur Rental Economy. Die Öffnung politischer Institutionen und die Gründung neuer Organisationsformen (Piraten, Occupy) verebbten zudem mit Ende der Krise.
Einiges spricht jedoch nun dafür, dass Individuen nicht mehr vollständig in die traditionelle arbeitsteilige Institution zurückkehren werden. Entstehen hier Communities im Netz, welche Unternehmen oder sogar bestehenden Nationen beeinflussen können? Wird die digitale Sphäre jetzt zu einem Rettungsboot und hilft, neue Ideen und Konzepte in den Normalraum zu transferieren?
Mögliche Antworten auf diese Fragen erarbeitet Prof. Dr. Dr. Ayad Al-Ani, in der dritten Auflage seines Buchs „Widerstand in Organisationen - Organisationen im Widerstand – Revisited. Plattformen, Edupunks und die Free Crowd“. Nach einer kurzen Buchvorstellung diskutieren am 11. Januar 2023 ab 18:00 Uhr im ECDF:
Prof. Dr. Dr. Ayad Al-Ani, Professor an der School of Public Leadership der Universität Stellenbosch und Assoziiertes Mitglied am Einstein Center Digital Future
Prof. Dr. Philipp Staab, Professor für die Soziologie der Zukunft der Arbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin und am ECDF
Tina Groll, Redakteurin im Ressort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bei ZEIT ONLINE, seit 2012 Mitglied im Deutschen Presserat und seit 2019 Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di
Prof. Dr. Anastasia Danilov, Professorin für Organizational Economics – Future of Work am ECDF und der Humboldt-Universität zu Berlin
Die Teilnahme ist kostenlos. Um Anmeldung wird gebeten unter info@digital-future.berlin.