Data Assimilation in Neuroscience
Seit dem 1. Oktober besetzt Prof. Dr. Tilo Schwalger die Juniorprofessur „Data Assimilation in Neuroscience“ im Rahmen des Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience (BCCN). Seine Nachwuchsgruppe hat an der Technischen Universität Berlin ihre Heimat gefunden und ist am Einstein Center Digital Future assoziiert. Das Bernstein Netzwerk ist ein Forschungsverbund, der experimentelle neurowissenschaftliche Ansätze mit theoretischen Modellen und Computersimulationen verbindet.
Der aus Lausanne nach Berlin gewechselte Professor hat sich mit seiner bisherigen Forschung darauf konzentriert, die mikroskopische Beschreibung von Gehirnaktivität (also elektrischen Pulsen auf der Ebene von Nervenzellen) mit der mesoskopischen oder auch makroskopischen Beschreibung von Netzwerken vieler Nervenzellen (sogenannten neuronalen Populationen) zu verknüpfen und in einem mathematischen Modell darzustellen (Multiskalen-Modellierung).
„Für meine Professur habe ich mir drei große Forschungsschwerpunkte gesetzt“, so der geborene Berliner. „Erstens möchte ich ein mathematisches Modell entwickeln, welches uns erlaubt, die allgegenwärtige Variabilität von neuronaler Populationsaktivität theoretisch zu beschreiben. Das ist eine Grundvorausetzung, um die Anwendbarkeit auf experimentelle Daten zu erhöhen. Ziel ist es, die neuronale Variabilität im Gehirn und deren Zusammenhang mit verschiedenen kognitiven Prozessen besser zu verstehen und die theoretischen Grundlagen für die angewandte Forschung zu schaffen.“
Auch das zweite Thema seiner Forschung hat einen Anwendungsbezug: Es geht darum, weitere Beiträge zur Analyse von sogenannten Multiskalen-Daten zu leisten. Also experimentellen Daten auf mikroskopischer (einzelne Neuronen), mesoskopischer und makroskopischer (neuronale Populationen) Ebene mithilfe eines Skalen-übergreifenden Modells zu verknüpfen und damit ein Maximum an Informationen aus diesen Daten zu holen. „In der Forschung werden bereits viele Daten auf mehreren Skalen gleichzeitig erhoben, aber konsistente Multiskalen Modelle zur statistischen Interpretation solcher Daten fehlen bislang.“
Der dritte Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf der Evaluation bisheriger Standard-Modelle für die Rechenalgorithmen des Gehirns. „Die neue mikroskopische begründete Populationstheorie ermöglicht wesentlich exaktere Modelle als bisher, da die abgeleiteten makroskopischen Gesetze sich aus mikroskopischen Beobachtungen erklären. Dadurch können wir bisherige Standard-Modelle unter biologisch realistischen Bedingungen neu evaluieren“, so der theoretische Physiker, der das letzte halbe Jahr als Postdoc in den USA verbracht hat.
„Ich freue mich sehr über die Professur, da sie mir optimale Bedingungen für meine Forschung gibt, sowohl in mathematisch-theoretischer Hinsicht als auch in Bezug auf Anwendungen und mögliche experimentelle Kollaborationen,” so Tilo Schwalger. „Berlin ist einer der besten Standorte für Computational Neuroscience weltweit, das durfte ich schon während meiner Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin und dem BCCN erfahren. Die Assoziation an das ECDF öffnet mir noch zusätzlich neue und interessante Möglichkeiten der Kooperation und des Wissensaustauschs.” (kj)