Digitale Selbstbestimmung
Max von Grafenstein hat zum 1. August 2018 im Rahmen des Einstein Center Digital Future (ECDF) die Professur für „Digitale Selbstbestimmung“ an der Universität der Künste (UdK) übernommen. Der geborene Münchner strebte nach der Schule einen kreativen Job in der Filmbranche an. Nach zwei Jahren Tätigkeit und eigenen Kurzfilmen entschied er sich für das Jurastudium in Regensburg. „Für mich ist Jura ein unglaublich kreatives Studium – wenn man Kreativität als Problemlösung betrachtet“, so der Professor.
Nach seinem Ersten Staatsexamen verbrachte er einige Zeit im europäischen Ausland, bevor er sein Rechtsreferendariat in München abschloss. „Danach habe ich für kurze Zeit bei der UFA in Potsdam gearbeitet, um anschließend eine Zusatzausbildung in ‚Europäische Filmwirtschaft‘ in Paris und Ludwigsburg zu absolvieren.“ Mit diesem Wissen im Rücken ging er zurück nach Berlin und gründete ein Startup: „Ich wollte zeigen, dass man Inhalte entwickeln kann, die dem veränderten Medien-Nutzungsverhalten der User im Internet entsprechen und darauf aufbauend auch innovative Geschäftsmodelle.“ Dazu entwickelte er eine mobile Augmented Reality-App - MAUERSCHAU - mit Zeitzeugengeschichten zum Bau und Fall der Berliner Mauer. Die Suche nach einem nachhaltigen Geschäftsmodell erwies sich allerdings als schwierig. Dank privater Unterstützung gibt es die App jedoch noch.
Seit 2016 ist Max von Grafenstein Leiter des Forschungsprogramms „Governance of Data-Driven Innovation“ am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). „Zum HIIG bin ich 2013 als Doktorand gestoßen. Für meine Promotion habe ich damals als Mitglied der Forschungsgruppe ‚Innovation and Entrepreneurship‘ die sogenannte HIIG Startup Law Clinic geleitet. Dabei habe ich über 100 Startup-Unternehmen aus der Internetbranche unterstützt, ihre Produkt- und Geschäftsmodellinnovationen so rechtskonform auszugestalten, dass sie das als Wettbewerbsvorteil nutzen konnten. So bekamen wir Einblick, wie Startups innovieren und konnten die ‚hindernden und fördernden Faktoren für Innovationsprozesse’ erforschen. Kernfrage meiner Promotion: Wie muss das Datenschutzrecht ausgestaltet werden, damit es effektiv vor den Risiken datenbasierter Innovation schützt und gleichzeitig Innovation nicht unnötig behindert oder sogar fördert?“, so Max von Grafenstein.
Heute richtet sich der Fokus von Max von Grafensteins Projektarbeit auf neue Herausforderungen der digitalen Welt. Das interdisziplinäre Projekt INNOVATION AND LAW erforscht Lösungen, mit deren Hilfe Verbraucher und Unternehmen die Datenschutz- und -sicherheitsrisiken datenbasierter Produkte und Dienste effektiv kontrollieren können sollen.
Speziell interessiert ihn der Ansatz „Data Protection by Design“. Dabei geht es um die Frage, wie die Anforderungen des Datenschutzrechts so in das technische und organisatorische Design datenbasierter Produkte oder Unternehmen eingebaut werden können, dass sie effektiv die Grundrechte der Nutzer*innen schützen. „Um geeignete Schutzmaßnahmen zu entwickeln, braucht es einen interdisziplinären Ansatz, der Methoden der Rechtswissenschaften, der Innovationsökonomie, aber auch der Verhaltens- und Gestaltungswissenschaften verbindet. Konkret lässt sich das an der datenschutzrechtlichen Einwilligung veranschaulichen: Wie muss diese rechtlich aber auch designtechnisch gestaltet werden, damit Internet-Nutzer*innen reflektierte Entscheidungen treffen können?“
Digitale Selbstbestimmung ist mittlerweile ein Thema, das nicht mehr nur wissenschaftlich untersucht wird, sondern auch immer mehr Verbraucher*innen und Unternehmen interessiert. „Gerade als großes Unternehmen kann man es sich heute nicht mehr leisten, digitale Produkte auf den Markt zu bringen, ohne sich vorher Gedanken zu machen, welche potentiellen Risiken das für die User mit sich bringt.“
„Die Professur ‚Digitale Selbstbestimmung‘ untersetzt ein hoch aktuelles Thema für uns in Forschung und Lehre“, so der Principal Investigator Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer, der diese Professur eingeworben hat. (kj)