Semantische Datenintelligenz
Prof. Dr. Adrian Paschke ist seit Mitte Oktober 2019 Professor für „Semantische Datenintelligenz“ am Einstein Center Digital Future (ECDF). Die Professur ist eine gemeinsame Berufung der Freien Universität Berlin und des Fraunhofer FOKUS. Seit 2016 ist er Direktor des Data Analytics Center (DANA) am Fraunhofer FOKUS und seit 2008 Professor und Leiter der Corporate Semantic Web Group (AG-CSW) am Institut für Informatik, Fachbereich Mathematik und Informatik der Freien Universität Berlin.
In seiner Forschung beschäftigt sich Adrian Paschke mit zwei Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI): der semantischen KI und dem Maschinellen Lernen. „Ich verbinde in meiner Arbeit beide Gebiete der symbolischen und sub-symbolischen KI. Denn auf der einen Seite geht es um modellbasiertes und semantisches Wissen und auf der anderen Seite um das Lernen des Computers aus Daten“, sagt er. Als Beispiel nennt er die semantische Plausibilisierung bei der Bilderkennung. „Wenn eine Katze im Bild ist, dann erkennen wir Menschen das, weil wir gelernt haben, wie das Tier aussieht. Dazu brauchen wir auch nicht unbedingt viele unterschiedliche Katzenbilder, sondern können aus ein und demselben Bild, z.B. aus einem Kinderbuch, lernen. Um sicher zu gehen, dass auch ein Computer eine Katze richtig erkennt und nicht z.B. die Haare eines Menschen mit einer Katze verwechselt, können die erkannten Bildinformationen mit zusätzlichem Hintergrundwissen semantisch plausibilisiert werden, beispielsweise, dass in einer Menschenmenge eine Katze auf dem Kopf eines Menschen nicht plausibel ist und es sich daher um Haare handelt. Solches zusätzliches Wissen aus semantischen Wissensbasen, wie z.B. Ontologien, kann die Maschine für die Interpretation und Wissensschlussfolgerungen nutzen“, erklärt Adrian Paschke.
Auch beim Autonomen Fahren seien diese Technologien wichtig, um z.B. Ausnahmen erkennbar zu machen und Situationen richtig zu interpretieren. „Wir müssen Computer so trainieren, dass Autos beispielsweise Menschen auf der Autobahn erkennen und dies als potentiell gefährliche Situation einschätzen können, um dann richtige Verhaltensentscheidungen im Sinne einer normativ- und werte-basierten KI zu treffen. Allerdings gibt es häufig zu wenig Videomaterial mit derartigen Ausnahmesituationen, um dann damit eine Maschine zu trainieren“, sagt er. Daher brauche es auch semantische Modelle, um den Computern entsprechend das nötige Wissen zu vermitteln und Simulationsmodelle mit semantischem Wissen zum Erzeugen von genügend Trainingsdaten für das Maschinelle Lernen.
Neben der Erforschung semantischer KI Technologien und Wissensrepräsentationsstandards befasst sich seine Forschung mit Edge Intelligence Anwendungen, z.B. im Bereich Industrial IoT – also dem Internet der Dinge in der Industrie. „Wir sprechen hier von AI at the Edge. Wir verschieben KI Funktionalitäten möglichst nah an die Maschine, die die Daten produziert“, sagt Adrian Paschke. Wenn die Daten in der Edge direkt genutzt werden können, könne beispielsweise die automatische Überwachung und Wartung der Maschinen verbessert werden. „Unser Ziel ist, die großen Datenmengen nicht in einer Cloud zu speichern, sondern sie an der Maschine, d.h. in der Edge, mit KI zu verarbeiten. Dadurch erhöhen wir gleichzeitig Schutz und Privatheit der Daten“, so Adrian Paschke.
Ein weiteres spannendes Feld ist für ihn die Quanten-unterstütze KI. „Erste Anwendungen in diesem Bereich können wir denken, aber bis es tatsächlich soweit ist, wird es noch einige Zeit dauern. Daher ist es für mich sehr spannend an der Schnittstelle zu sitzen zwischen der Grundlagenforschung an der FU Berlin und der frühen Anwendung mit Industriepartnern am Fraunhofer FOKUS“, sagt Adrian Paschke.
Das ECDF ist für ihn ein interessantes Netzwerk. „Ich freue mich sehr auf den Austausch mit den Kolleg*innen“, sagt er. „Als Semantiker bin ich es gewohnt interdisziplinär mit Domänenexperten aus verschiedenen Bereichen in der semantischen Wissensmodellierung zusammenzuarbeiten und mit meiner anwendungsorientierten KI Forschung im Transfer zwischen Wissenschaft und Industrie Nutzen zu stiften.“ Besonders in den Bereichen normative und werte-basierte KI Systeme und der digitalen Kuratierung für die Wissensarbeit sehe ich viele Kooperationsmöglichkeiten.