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Erste ECDF-Promotion: Doktorand Maik Hesse verteidigt Dissertation

Im März verteidigte Maik Hesse erfolgreich seine Doktorarbeit zum Thema Vertrauen, Reputation und Datensouveränität in der digitalen Plattform-Ökonomie. Von Januar 2019 bis März 2021 promovierte er bei ECDF-Professor Timm Teubner (TU Berlin), der die Forschungsgruppe „Trust in Digital Services“ anleitet. Hesse ist damit der erste Doktorand, der seine Promotion am ECDF abschließt. Im Interview mit Samira Franzel spricht er über seine Zeit als Promovierender am ECDF.

 

Ende 2018 haben Sie Ihre Promotion angefangen und im März 2021 erfolgreich verteidigt. Wie schauen Sie auf die Zeit zurück?

Natürlich ist es toll, an so einer federführenden Institution wie dem ECDF lernen und forschen zu können. Am ECDF weiß ich besonders den Austausch mit den Kolleg*innen vor Ort zu schätzen: Hier kommen die unterschiedlichsten Disziplinen zusammen, uns alle eint aber der Fokus auf die Digitalisierung. Besonders vor der Corona-Pandemie habe ich viel Zeit im Robert-Koch-Forum verbracht und mich mit Kolleg*innen ausgetauscht, in den letzten Monaten dann natürlich überwiegend digital. Die inhaltliche Betreuung durch Prof. Timm Teubner hat mir dabei sehr geholfen, so sind auch außerhalb meiner Dissertation viele gemeinsame Projekte mit ihm entstanden.

 

Wann und warum haben Sie sich dazu entschieden zu promovieren?

Ich habe zuerst Mathematik auf Diplom in Köln und den USA studiert, mit BWL im Nebenfach. Anschließend habe ich in der Beratung gearbeitet, im Bereich Digitale Transformation. Da ging es vor allem darum, wie Technologien genutzt werden können, um neue Geschäftsmodelle zu konzipieren, welche Voraussetzungen und Fähigkeiten dazu in Unternehmen benötigt werden und welchen Einfluss digitale Technologien auf die Geschäftswelt haben. Ich hatte schon immer im Hinterkopf, dass ich vielleicht noch promovieren möchte. Im September 2018 habe ich mich dann noch etwas tiefer in das Thema digitale Plattformen eingelesen. Mich hat daran besonders interessiert, dass es interdisziplinär ist – klassische Querschnittsforschung im Bereich Digitalisierung, die Ansätze aus verschiedenen Disziplinen der Wirtschaftsinformatik, Volks- und Betriebswirtschaftslehre und der Soziologie verbindet. Das konkrete Thema und die Ausgestaltung der Doktorarbeit sind dann mit Timm Teubner entstanden.

 

Mit welchem Thema haben Sie sich in Ihrer Promotion befasst?

Meine Doktorarbeit habe ich im Bereich digitaler Plattform-Ökosysteme geschrieben. Da geht es hauptsächlich darum, wie digitale Identität und Souveränität im Internet entstehen und genutzt werden können. Die Dissertation trägt den Titel „Trust and Reputation Portability in Digital Platform Ecosystems“. Auf Plattformen wie Airbnb, eBay, Helpling, Uber oder (Essens-)Lieferdiensten kann heute praktisch jeder Dienstleistungen anbieten und Bewertungen sammeln und so eine digitale Identität aufbauen. Einige dieser Plattformen wurden zuletzt – im Zuge der Coronakrise – sogar als systemrelevant eingestuft. Durch das Bewertungssystem entsteht den Anbieter*innen aber eine Abhängigkeit gegenüber der Plattform, da die Bewertungen nicht übertragbar sind. In meiner Doktorarbeit ging es unter anderem darum zu erforschen, wie wir diese gesammelte Reputation auf andere Dienstleistungen in der Online- und Offline-Welt übertragen können, damit Anbieter*innen nicht immer wieder neu anfangen müssen. In der analogen Welt haben wir aktuell Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, wenn wir die Stelle wechseln, in der digitalen Welt sollten wir es ähnlich handhaben.

 

Was glauben Sie, wird uns in Zukunft im Bereich Digitalisierung noch erwarten?

Ein großes Thema, das uns noch eine Weile begleiten wird, sind Daten und unser Umgang mit ihnen: Wie werden Daten gespeichert? Wie werden sie verarbeitet und welchen Mehrwert bringen sie? Ich sehe hier vor allem viel Bedarf Bürger*innen zu schulen im Umgang mit eigenen Daten, damit sie „Herr*in ihrer Daten“ werden und selbstbestimmt handeln. Aber auch die Schaffung von unabhängigen, digitalen Infrastrukturen für die europäische Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gehören dazu. Das Ganze läuft unter dem großen Schirm der „Digitalen Souveränität“.

Außerdem bleibt spannend, welchen Einfluss Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Blockchain auf unsere Arbeitswelt haben werden. Sicher ist, dass dadurch ganz neue Berufe entstehen und andere wiederum obsolet werden. Damit müssen wir als Gesellschaft mittel- und langfristig den richtigen Umgang finden. 

 

Was raten Sie zukünftigen Doktorand*innen, die auch mit dem Gedanken spielen, am ECDF zu promovieren?

Das ECDF ist einfach ein spannender Forschungsinkubator – für mich war es die richtige Entscheidung und eine Zeit mit viel Austausch und einer tollen Gemeinschaft direkt im Herzen der digitalen Forschungsmetropole Berlin. Für eine Promotion sollte man sich allerdings klarmachen, dass Durchhaltevermögen und Optimismus gefragt sind. Und: In 2,5 Jahren promovieren gleicht einem Marathon mit vielen Zwischensprints – im besten Fall also etwas Zeit einplanen.